Behandlungsschwerpunkte

Somatoforme Störungen

Chronische Schmerzen ohne organischen Befund

Inhalt

Was sind Somatoforme Störungen?

Somatoforme Störungen können vorliegen, wenn Patientinnen und Patienten über einen längeren Zeitraum unter körperlichen Beschwerden leiden, die beispielsweise mit Rücken-, Kopf- oder Bauchschmerzen einhergehen. Zudem können auch sexual-funktionelle Probleme oder neurologische Symptome auftreten. Zu den Auslösern zählen unter anderen seelische Belastungsfaktoren wie erlittene traumatologische Ereignisse biografischer oder familiärer Natur, anhaltende Konflikte oder ein dauerhaft hoher emotionaler Stress-Pegel.

Charakteristisch für eine Somatoforme Störung ist die Tatsache, dass im Zuge einer intensiven Diagnostik (noch) keine organische oder anderweitig definierte Ursache gefunden werden konnte. Dieser Zustand ist weder außergewöhnlich, noch tritt er besonders selten auf. Dauern derartig unklare Beschwerden jedoch länger als sechs Monate an, kann es sich dabei um eine Form von Somatoformer Störung handeln. Je nach Symptomen und anderweitigen Aspekten gibt es verschiedene Diagnosen einer Somatoformen Störung. Es handelt sich also um ein vielschichtiges Krankheitsbild. Weitere Hinweise neben den körperlichen Beschwerden wären ein starker Leidensdruck sowie funktionale oder soziale Einschränkungen im Lebensalltag.

Häufigkeit und Verteilung

Somatoforme Störungen zählen hierzulande mit zu den am häufigsten vertretenen psychischen Erkrankungen. Schätzungsweise ist rund jede bzw. jeder achte Deutsche in irgendeiner Weise von einer Somatoformen Störung betroffen. Eine derartige Diagnose betrifft Frauen deutlich öfter als Männer und äußert sich häufig durch chronische Schmerzen.

Somatoforme Störungen: Symptome eines vielschichtigen Krankheitsbildes

Somatoforme Störungen äußern sich durch verschiedene Symptome und werden nach speziellen Diagnosen unterschieden.

Das wiederholte Auftreten von körperlichen Beschwerden in unterschiedlichen Körperregionen (Organen) über einen mehrjährigen Zeitraum hinweg, deutet auf eine Somatisierungsstörung hin. Trotz intensiver medizinischer Untersuchungen konnte (noch) keine eindeutige Diagnose festgestellt werden. Insgesamt zeigt sich bei betroffenen Patientinnen und Patienten eine manifeste Beeinträchtigung im Lebensalltag, die mit einem hohen Leidensdruck einhergeht. Der Krankheitsverlauf ist chronisch, kann schwanken und wirkt sich in der Regel oft negativ auf das soziale Umfeld und die „Funktionsfähigkeit“ des Betroffenen aus.

Bei der Diagnose einer Hypochondrischen Störung stehen nicht konkrete körperliche Beschwerden und mögliche Therapien im Vordergrund. Vielmehr sind betroffene Patientinnen und Patienten davon „überzeugt“, generell von einer schweren Erkrankung wie beispielsweise Krebs oder aktuell beispielsweise von einer Coronavirus-Infektion betroffen zu sein. Entsprechend fokussieren sich ihre Körperwahrnehmung und viele ihrer Gedanken explizit auf schwere Krankheitsverläufe, selbst wenn diesbezüglich keine konkreten Anhaltspunkte wie Beschwerden oder Schmerzen vorliegen. Dennoch kreisen die Gedankengänge beharrlich um das empfundene Krankheitsbild, häufig begleitet von Angstgefühlen und/oder Depressionen. Dauert ein derartiger mentaler Belastungszustand seit mehr als sechs Monaten an, kann es sich dabei um eine Hypochondrische Störung handeln.

Die Somatoforme autonome Funktionsstörung bezieht sich auf ausgewählte innere Organe (z. B. Herz, Darm, Lunge) oder Organsysteme wie das Herz-Kreislaufsystem, die in der Regel mit vegetativen Nerven versorgt werden. Bei dieser Störung beschreibt der Betroffene oft nur gefühlte Beschwerden eines Organs (z. B. Herz-oder Atemprobleme bzw. diffuse Bauchschmerzen). Charakteristisch für das Vorliegen einer Somatoformen autonomen Funktionsstörung ist ebenfalls die Tatsache, dass Betroffene durch entsprechend intensive Angstgefühle etwaige Krankheitssymptome wie Kurzatmigkeit, Herzklopfen oder Verstopfung sozusagen erst generieren.

Eine Anhaltend somatoforme Schmerzstörung verweist darauf, dass die Betroffenen über einen längeren Zeitraum unter einem gleichermaßen intensiven wie quälenden Schmerz leiden. Allerdings lässt sich dieser durch physiologische Umstände oder körperliche Beeinträchtigungen nicht ausreichend abklären. Stattdessen kann der empfundene Schmerz  durch psychosoziale Belastungen oder emotionale Konflikte auftreten bzw. durch diese hervorgerufen werden. Der damit verbundene Belastungsgrad bestimmt maßgeblich Beginn, Verlauf und Dauer des individuellen Schmerzempfindens. Daraus resultiert bei den Betroffenen ein intensives Bemühen um medizinische Diagnostik und therapeutische Hilfe, was allerdings nur in den wenigstens Fällen eine erfolgreiche Schmerzlinderung verschafft.

Die Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren kann diagnostiziert werden, wenn Betroffene seit mindestens sechs Monaten an Schmerzen eines Körperteiles oder mehrerer Körperteile leiden. Vorausgesetzt, diese Schmerzen basieren auf physiologischen Umständen oder sind durch körperliche Störungen entstanden. Schweregrad und Dauer der Schmerzen werden durch psychische Faktoren beeinflusst, allerdings nicht verursacht. Ein derartig anhaltender Schmerzzustand kann sich vor allem im sozialen, beruflichen oder anderweitigem Kontext negativ auswirken. Es sei darauf verwiesen, dass dieser Schmerz nicht auf einer Simulation beruht.

Wie lassen sich chronische Schmerzen ohne konkreten Organbefund erklären?

Aus neurobiologischer Sicht können sich in unserem Gehirn bestimmte Bereiche für körperliche und seelische Schmerzen überschneiden. Dieser Vorgang kann durch Stresshormone begünstigt, aktiv beeinflusst und sogar verstärkt werden. Beispielhaft können durch psychische Verletzungen wie eine Kränkung oder Schuldzuweisung durchaus konkrete Krankheitssymptome entstehen, die dann wiederum als Auslöser für Schmerzen fungieren. Sinnbildhaft formuliert „verschlägt es mir den Atem“, „schlägt der Ärger auf den Magen“ oder „aufs Gemüt“. Es „stößt einem sauer auf“ oder es können auch „Sorgen richtig Kopfzerbrechen bereiten“. Das alles sind ausgewählte Zustände, die wohl den meisten Menschen bekannt sind, ohne dass dafür ein organischer Befund vorliegen muss.

Risikofaktoren

Die bisher bekannten Risikofaktoren, die Entstehung und Ausprägung einer Somatoformen Störung begünstigen, sind oftmals komplexer Natur oder beeinflussen mitunter einander. Dazu zählen unter anderem:

  • Vernachlässigung, gewalttätige oder sexuelle Übergriffe in der Kindheit und Adoleszenz
  • Unbewusste (ungeklärte) Konflikte oder langanhaltende soziale Konfliktsituationen
  • Erlebte schwere Krankheitsverläufe bei nahestehenden Personen (insbesondere Familie)
  • Verlust von PartnerIn, nahen Angehörigen oder im Freundeskreis
  • Seelisch belastende Prozesse: z. B. Krankheit, Unfall, Mobbing, Arbeitslosigkeit, Trennung/Scheidung, Eintritt in den Ruhestand
  • Unsichere Persönlichkeitsstruktur und erhöhte Ängstlichkeit im Bezug auf körperliche Symptome
  • Identifikation mit Krankheitssymptomen bei anderen nahestehenden Personen

Therapie(-Ziele) und Behandlung in der Habichtswald-Klinik

Die Patientinnen und Patienten kommen in der Regel erst nach und mit einer längeren Vorgeschichte zur Aufnahme in die stationäre Psychotherapie. Von zentraler Bedeutung ist dann zunächst die Etablierung eines tragfähigen therapeutischen Arbeitsbündnisses. Dafür sind die genaue ärztliche Anamnese, eine eingehende ärztliche Untersuchung und die Dokumentation über die bisher durchgeführte Diagnostik und Therapie(n) notwendig. Relevant ist auch die therapeutische Anamnese unter Einbeziehung biographischer Gesichtspunkte. Gleichermaßen wichtig ist es zu eruieren, welche Krankheitsmodelle die Patientinnen und Patienten zuvor entwickelt haben oder welche Lebenseinschränkungen durch vorliegende Beschwerden bestehen. Dazu zählt auch zu ermitteln, welche individuellen Bewältigungsversuche bereits unternommen wurden und inwiefern grundsätzlich eine Motivation zur Psychotherapie vorhanden ist oder (erst) erarbeitet werden muss.

Neue Sichtweisen vermitteln

Patientinnen und Patienten mit Somatoformen Störungen und Somatisierungsstörungen kommen meist mit durchaus verständlichen, aber allgemein eher pauschalen Zielformulierungen in die Psychotherapie. Sie äußern beispielsweise den Wunsch: „Ich möchte gesund werden“ oder „Die Beschwerden sollen verschwinden“. In diesen Fällen ist es in der Regel erforderlich Patientinnen und Patienten dabei zu helfen, von einem medizinisch/organisch gedachten Störungsmodell zu einem seelisch/physiologischen Störungsmodell zu kommen. Dazu dient eine entsprechende Informationsvermittlung über körperliche und emotionale Zusammenhänge. Diese findet in der Habichtswald-Klinik im Rahmen des sogenannten Schmerz-Coachings statt. Dort wird ein biopsychosoziales Schmerzmodell vorgestellt. Es werden Übungen zur Aufmerksamkeitslenkung und Ruheformeln zur Schmerzfokussierung vorgestellt. Ebenso hilfreich ist eine Anleitung zur Selbstbeobachtung, um den Einfluss von mentalen, emotionalen und situativen Faktoren auf die Symptomatik (besser) kennenzulernen.

Eigene Strategien entwickeln

Unser Ziel ist es, eine psycho-vegetative Umschaltung zu ermöglichen. Dies geschieht durch das Erlernen von Entspannungsmethoden, die eigenständig und situativ gezielt eingesetzt werden. Dafür setzen wir auf die Entwicklung geeigneter Coping-Strategien, um die eigene Körperwahrnehmung zu optimieren und dauerhaft (mehr) Selbstvertrauen in körperlicher, emotionaler und mentaler Hinsicht zu entwickeln. Im Rahmen einer dichten Begleitung und Anleitung unserer Patientinnen und Patienten fördern wir deren individuelle Autonomie und die Kompetenz zur Selbsteinschätzung. Zugleich fungieren wir als permanenter Ansprechpartner, um dem oft ausgeprägten Bedürfnis der Patientinnen und Patienten nach Rückversicherung im Hinblick auf körperliche Symptome und deren Interpretation zu entsprechen. Damit einhergehend fördern wir durch den sukzessiven Abbau von Schon- und Vermeidungsstrategien zudem oft das Aufgeben des sogenannten sekundären Krankheitsgewinns durch die Patientinnen und Patienten. Diesen individuellen (Erkenntnis-)Prozess unterstützen wir durch gezieltes Training in einer Gruppentherapie und stärken dabei zugleich soziale Kompetenz und kommunikative Fähigkeiten. Letztlich besteht das Therapieziel darin, Selbstvertrauen und Belastbarkeit der Patientinnen und Patienten zu verbessern und somit ganzheitlich ein körperliches Wohlbefinden zu ermöglichen. So gewappnet lassen sich zukünftige Alltags- und Berufsbelastungen gezielter planen. Auch die Gefahr eines Rückfalls in eine Somatoforme Störung oder in krankheitsförderndes Verhalten wird reduziert.

Erfahrungen und Feedback einfließen lassen

Seit vielen Jahren behandeln wir in der Habichtswald-Klinik nach unserem ganzheitlichen multimodularen Therapiekonzept Patientinnen und Patienten mit Somatoformen Störungen sehr erfolgreich. Wichtig sind uns dabei neben den psychotherapeutischen Angeboten insbesondere auch Einheiten aus dem Bereich Physiotherapie oder medizinisch-physikalische Anwendungen. Dabei hat sich unser Therapiekonzept im Laufe der Jahre stetig entwickelt: So berücksichtigen wir unsere eigenen therapeutischen Erfahrungen wie auch die Einschätzungen unserer Patientinnen und Patienten, inwiefern sie den Therapieprozess als hilfreich, sinnvoll und heilsam erlebt haben. Zudem lassen wir uns kontinuierlich durch neue wissenschaftliche Forschungsergebnisse und kollegialem Austausch anregen oder setzen modifizierte Versorgungsleitlinien um.

Drucken Teilen Zur Übersichtseite Behandlungsschwerpunkte

Anmeldung und Aufnahme

Hier finden Sie alle wichtigen Informationen zur Aufnahme und Kostenübernahme für Ihren Aufenthalt in der Habichtswald Privat-Klinik.

Mehr erfahren

Servicetelefon

Sie haben Fragen zu Aufnahme, Kostenübernahme oder Ihrem Aufenthalt in unserer Klinik?
Unser Serviceteam ist sehr gern für Sie da.

0561 / 3108 - 523

Kontakt

Habichtswald Privat-Klinik
Akutklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Wigandstraße 1 · 34131 Kassel

Telefon: 0561 / 3108 - 523Fax: 0800 732 73 80 (gebührenfrei)Email: service@habichtswaldklinik.de

Kontakt aufnehmen